Farmtage - Fluch oder Segen?
- estherbarthuber
- 24. Sept. 2024
- 3 Min. Lesezeit
Für mich ist Halbzeit. 3 Monte habe ich noch vor mir. Und 3 hinter mir.
Um dir einen Einblick zu geben, von was ich hier spreche, eine kurze Erklärung.
Ich habe mich dazu entschieden, mir die Möglichkeit offen zu halten, ein weiteres Visum für Australien zu bekommen. Daran is jedoch die Bedingung geknüpft für 6 Monate Farmarbeit zu leisten. Ist diese Voraussetzung erfüllt, kann ich ein weiters Jahr bleiben.
Als Farm Tage kann vieles zählen. In jeglichen Branchen - wenn es nur weit genug von Ballungsräumen entfernt ist. Und da diese Pläne mehrere Reisende haben, sind die Jobs heiß begehrt und es ist nicht immer leicht eine gute Stelle zu bekommen. So konnte ich mich glücklich schätzen schlussendlich doch eine Anstellung bekommen zu haben, auf die sich über 1100 Leute beworben hatten. Am richtigen Ort zur richtigen Zeit. Im Vorfeld hatte ich mich informiert, ob es Arbeit geben wird. Das heißt, ob Saison ist. Und das war es. Die Tomaten Saison hatte erst begonnen. Und ich arbeite als Erntehelferin.
Ich hatte in meinem ersten Jahr schon eimal in einem ähnlichen Job gearbeitet. Damals, jetzt schon fast 2 Jahre her, hatte ich in der Kirschsaison gearbeitet und eine wundervolle Zeit.
Dieses mal war es anders. Ich war fast die einzigste Packpackerin unter den Kollegen. Mittlerweile stellen sie lieber Hilfsarbeiter aus Vanuatu ein, nachdem die Pandemie große Probleme bereitet hatte und nicht genügend junge Menschen im Land waren, um die Früchte zu ernten. Und ich habe schnell gemerkt, dass ich hier nicht gefordert werden werde. Körperlich ja. Und zwar so viel, dass ich nicht vermeiden konnte, zu einer Rücken Behandlung gehen zu müssen. Die Atmosphäre war nicht die beste, die Arbeiter waren nicht zufrieden. Und ich auch nicht. Denn ich war gekommen, um Stunden zu machen und für mein Visum zu arbeiten. Jedoch hatten wir viele Tage, an welchen wir nur 3-4 Stunden arbeiteten. Und so war es für mich klar: Ich brauche einen anderen Job. Ich war froh, ohne Unterbrechung von der Tomaten Ernte, zur Paprika Ernte wechseln zu können. Jetzt arbeiten wir meist 9 Stunden 6 Tage die Woche. Die Arbeit ist etwas abwechslungsreicher und das Team wesentlich kleiner. Alle Formen und Farben an Paprika werden geerntet und verpackt. Und an besonderen Tagen laufen auch mal Gurken über das Fließband.
Aus meiner persönlichen Erfahrung bisher habe ich vieles gelernt. Welche Schritte notwendig sind, um im Supermarkt perfekte Ware zu haben. Es wurde ein klein bisschen Sichtbarer, was alles dahinter steckt. Wie absurd teilweise die Handlungen sind, die komplett auf den Handelspreisen basieren. So werden teilweise komplette Felder vergiftet oder eingeackert, mit den besten Früchten, fertig zur Ernte. Doch der Preis stimmt nicht, da es eine komplette Marktüberschwemmung gibt und es würde sich nicht lohnen zu ernten. Oder wie viele Früchte aussortiert werden, bevor sie verpackt werden. Denn sie müssen einen gewissen Standard erfüllen. Größe, Form und Farbe. Stimmt diese nicht, landen sie im Müll. Auch, wenn der Großteil des Abfalls zur Tierfütterung verwendet wird, ist es erschreckend zu sehen.
Die Arbeitserfahrung, die ich sammle, ist unbezahlbar. Und ich möchte es nicht missen. Mit jeder Herausforderung wachse ich. Ob es als Teamleader, im Weinberg, hinter der Verkaufstheke oder auf dem Acker war.
Die körperliche Arbeit ist anstrengend und viel, ich betrachte es aber als zusätzliches Fitnesstudio. Ich bin fit und fühle mich gut. Jedoch gibt es auch eine Seite, die es für mich sehr anstrengend macht. Ich muss mich mich hier leider täglich mit Sexismus, Alkoholismus und mit meinen Grenzen auseinander setzten. Es ist also immer wieder ein abwägen zwischen bleiben und gehen. Denn ignorieren klappt nicht immer. Es sind nicht die Menschen, mit denen ich mich umgeben würde. Und ich komme oft an meine Grenzen.
Und es gibt immer wieder Tage, an denen ich einfach nur weiter ziehen möchte.
Da hilft es nur noch an den Strand zu gehen und wieder Abstand zu bekommen.
Ist es nun ein Fluch oder ein Segen?
Es ist am ende immer das, was du daraus machst. Auch, wenn die Zeit hier teilweise sehr herausfordernd für mich ist, mache ich das beste daraus. Und ich genieße es sehr.
Nicht nur die Tage abzuarbeiten für das neue Visum, als ‚Nebeneffekt‘ spare ich Geld für neue Abenteuer!
















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