Zwischen verschiedenen Kulturen
- estherbarthuber
- 4. Okt. 2022
- 2 Min. Lesezeit
Plötzlich habe ich mich, in einem farbenprächtigen Sari gekleidet, mitten in Melbourne wieder gefunden.
Und genau dieser Moment beschreibt meine Situation momentan ganz gut.
Ich lebe seit einigen Wochen mit meiner Schwägerin und ihrer Mutter zusammen. Im August war ich bei ihnen Zuhause in Bangladesh zu besuch. Und ich bin mehr als froh, in diesem Land gewesen zu sein. Immer und immer wieder bemerke ich Dinge, die ich anders erfahren und gelernt habe. Beispielsweise die Art zu kommunizieren, sich zu kleiden oder Feste zu feiern.
Der wohl größte Unterschied für mich sind die Essgewohnheiten.
Während mir eine ausgewogene, frische Vollwertkost wichtig ist und ich es gewohnt bin verschiedene Gerichte zu essen, wird hier auch täglich ein Reisgericht gekocht. Dazu meist viel Fisch und Currys aller Art. Ich dagegen liebe es genau jetzt im Frühling viel frisch und saisonal zu essen. Also landet bei mir viel Obst und Gemüse auf dem Teller. Beispielsweise Zitrusfrüchte in allen Farben und Formen, Erdbeeren, Rhabarber, Spargel, frischer Salat und vieles mehr.
Es ist jedoch nicht nur das ’Was’, sondern auch das ‚Wie‘.
Mir ist schon länger bewusst wie wichtig es mir ist, dass wir aufeinander warten und wir zusammen essen. Egal mit wem ich bin oder wo. Mir ist es sehr wichtig gemeinsam zu essen, das Gericht auch für das Auge ansprechend zu richten und auch gemeinsam den Tisch wieder zu verlassen. Für mich ist es nicht nur eine Nahrungsaufnahme, es ist ein Zusammenkommen und eine Zeit der Begegnung und des Austauschs. Was manchmal garnicht so leicht ist.
Hier werden also oftmals verschiedene Gerichte gekocht. Jeder hat andere Gewohnheiten und Bedürfnisse. Es gibt immer Reis, eine vegan Version, meistens Fisch und auch noch ein Fleisch Gericht. Der eine benutzt Besteck, der nächste isst am liebsten mit den Händen...
Andere Kulturen bedeuten auch andere Sprachen. Und irgendwo müssen wir auf einen gemeinsamen Nenner kommen. So sprechen wir alle eine Sprache, die uns zwar vertraut ist, aber eben nicht unsere Muttersprache. Englisch.
Mit der Sprache können wir Räume erschaffen, Begegnung und Verständnis erzeugen. Dazu braucht es sowohl die Bereitschaft zu kommunizieren und die Offenheit, dem Gegenüber zuzuhören. Was ist mir wichtig, was ist dem anderen wichtig? Wo kann ich meine Erwartungen und Wünsche zurück halten und auf mein Gegenüber eingehen?
Wie können wir zusammen leben, dass sich jeder in seiner Kultur ernst genommen und gesehen fühlt?
Während ich darüber schreibe und mir Gedanken mache, wird mir bewusst, dass es nicht nur zwischen verschiedenen Kulturen so ist, sondern zwischen Menschen im allgemeinen.
Haben wir nicht alle andere Bedürfnisse und Vorstellungen, selbst wenn wir den gleichen kulturellen Hintergrund haben? Und fängt nicht genau an den Berührungspunkten und der Auseinandersetzung mit meinem Gegenüber eine Beziehung an?
Auch, wenn es nicht immer leicht ist, zwischen verschiedenen Kulturen zu leben, ist es für mich eine große Bereicherung.
Ich lerne und verstehe jeden Tag neu. Ich lerne vor allem mich selbst besser kennen.
Wenn ich mit Fremden ins Gespräch komme, andere Lebenswege sehe und mich dafür öffne dem zu begegnen, spüre ich wieder stärker welche Werte ich leben möchte.
Erst, wenn wir mit etwas Anderem, Fremdartigen in Berührung kommen, merken wir, was uns wirklich ausmacht.
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